Neue technische Systeme für mehr Sicherheit bei Klimakatastrophen

Extreme Wetterereignisse vorhersagen, Auswirkungen abschätzen und Betroffene frühzeitig warnen – an einem technischen System, das dies ermöglicht, arbeitet jetzt ein Forschungsteam aus elf europäischen Ländern. Dabei sind auch Paderborner Wissenschaftler der Fachgruppe „Produktentstehung" des Heinz Nixdorf Instituts und des Lehrstuhls C.I.K. der Universität Paderborn.

Klimakatastrophen bergen große Risiken für Menschen, deren Eigentum und die öffentliche Infrastruktur. Hier setzt das EU-Forschungsprojekt ANYWHERE an. Die Wissenschaftler entwickeln ein Wetter-Frühwarnsystem zusammen mit der Industrie. Die Software wertet weltweit aktuelle Wetterdaten aus, in Echtzeit, und leitet die Daten weiter an eine neu entwickelte Software. Diese verbindet die Daten mit Handlungsempfehlungen und warnt Betroffene nicht nur, sondern informiert auch darüber, wie sie sich schützen können. So ist denkbar, dass Navigationssysteme die Routen bei Sturmgefahr oder Überflutung anpassen.

Die Paderborner Wissenschaftler koordinieren europaweit mehrere Fallstudien, in denen das System bereits zum Einsatz kommt: Gemeinsam mit dem finnischen Innenministerium setzen die Forscher das System ein, um bei wetterbedingten Stromausfällen zu helfen. Umstürzende Bäume führen in Skandinavien oft zu großflächigen Ausfällen im Stromnetz, da der Strom vorwiegend über Freilandleitungen fließt. „Unser System gibt den Servicetechnikern vorab Informationen, an welcher Stelle es zu wetterbedingten Ausfällen kommen könnte. So planen die Techniker ihren Einsatz schon vorher. Sobald das Unwetter keine Gefahr mehr darstellt, schickt das System die Mitarbeiter zu den wartungsbedürftigen Stellen", erklärt Philipp Scholle, Forscher im Paderborner Projektteam. In Italien arbeiten die Forscher mit dem Zivilschutz in Genua zusammen. Eine App schützt dort Eltern und Schüler bei Springfluten. Eltern bringen sich häufig in Gefahr, wenn sie ihre Kinder schnellstmöglich aus der Schule abholen wollen. Via Handy erhalten Eltern und Schulen nun Wetterwarnungen. Sobald die Schule alle Kinder in Sicherheit gebracht hat, werden die Eltern auch darüber informiert und angehalten, zu Hause zu bleiben. Hat sich das Wetter beruhigt, erhalten die Eltern Informationen über den sichersten Weg zur Schule.

Zukünftig soll die Software auch von Unternehmen gewerblich genutzt werden können. Das ermöglicht neue Absatzmärkte. „Wir bieten daher auch Unterstützung für Firmen, die unser Tool zukünftig nutzen wollen. Dazu gehört auch, auf ethische und rechtliche Probleme, wie den Datenschutz, hinzuweisen und eine realistische Bewertung der Marktchancen möglicher Produkte aufzuzeigen. Eine App, die vor Flut warnt, macht in Paderborn beispielsweise keinen Sinn", erklärt Dr. Jens Pottebaum, der das Projekt auf Seite der Universität Paderborn koordiniert.

Über 30 Kooperationspartner aus Forschung und Industrie arbeiten an ANYWHERE. Die EU fördert das Projekt bis Ende 2019 mit zwölf Millionen Euro.
 

Weitere Meldungen des HNI: http://www.hni.uni-paderborn.de/aktuelles-veranstaltungen

Abbildung: Auftakttreffen in Paderborn: Wissenschaftler des EU-Projekts ANYWHERE.
Abbildung: Auftakttreffen in Paderborn: Wissenschaftler des EU-Projekts ANYWHERE.
Abbildung: Philipp Scholle arbeitet mit daran, dass Handys zukünftig helfen können, sich bei Unwetter richtig und sicher zu verhalten.
Abbildung: Philipp Scholle arbeitet mit daran, dass Handys zukünftig helfen können, sich bei Unwetter richtig und sicher zu verhalten.