Ab­schluss des Forschungs­vorhabens „Ver­fahrenser­weit­er­ung des Wider­standsele­mentsch­weißens für stah­lin­tens­ive Dreiblech-Hy­brid-Mis­ch­ver­bindun­gen mit zwei höch­st­festen Stahl­güten in Mit­tel- und Basislage“

Das IGF-Vorhaben Nr. 21517 N / FOSTA P 1404 (Laufzeit 01.01.2021 - 31.12.2023) wurde von der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA) koordiniert und in Zusammenarbeit mit dem Laboratorium für Werkstoff- und Fügetechnik (LWF Paderborn) bearbeitet.


Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen, klimapolitischen Vorgaben und zugleich hohen Kundenanforderungen in Bezug auf Komfort und Sicherheit ist die Automobilindustrie gezwungen die Umweltbelastung ihrer Fahrzeugflotten zu reduzieren. Da die Fahrzeugkarosserie einen erheblichen Anteil am Gesamtgewicht des Fahrzeuges besitzt, werden verschiedene Leichtbaumaßnahmen/-strategien im Fahrzeugkarosseriebau realisiert. Neben dem intensiven Einsatz von Advanced High Strength Steels (AHSS) und formgehärteten Profilen spielen Bauweisen im Multi-Material-Design eine wesentliche Rolle. Dabei wird eine stahlintensive Rohkarosserie mit Aluminium-Außenbauteilen kombiniert. Konventionelle thermische Fügeverfahren ermöglichen kosteneffiziente artgleiche Verbindungen zwischen zwei oder drei Karosserieblechen. Aufgrund der thermischen, elektrischen und chemischen Inkompatibilitäten zwischen Stahl- und Aluminiumwerkstoffen stellt das etablierte Widerstandspunktschweißen (WPS) keine effiziente Fügelösung für artfremde Verbindungen dar. Im Fahrzeugkarosseriebau rücken daher thermisch-mechanische Fügeverfahren immer weiter in den Fokus, da sie die Vorteile der mechanischen und thermischen Fügetechnik nutzen, um artfremde Werkstoffkombinationen zu realisieren. Zur Erzeugung von Aluminium-Stahl-Kombinationen stellt das Widerstandselementschweißen (WES) ein großes Einsatzpotential in der industriellen Karosseriefertigung dar, insbesondere vor dem Hintergrund höchster Crashanforderungen bzw. Steifigkeiten bei denen zwei und mehr höchstfeste Stahlgüten in Kombination mit einem Aluminiumaußenhautbauteil gefügt werden müssen.
Im Rahmen des Vorhabens wurde das zweistufige WES hinsichtlich der Herstellung von Dreiblech-Hybrid-Mischverbindungen mit zwei höchstfesten Stahlgüten in Mittel- und Basislage untersucht. Hierzu wurden numerische und experimentelle Untersuchungen an für den Karosseriebau realitätsnahen Fügeaufgaben durchgeführt. Ein wichtiger Bestandteil im Forschungsvorhaben bildete die Auslegung eines für diesen Zweck geeigneten Hilfsfügeteils mit dem Ziel eine hohe Verbindungsqualität sicherzustellen. Auf Basis einer umfangreichen, statistischen Versuchsplanung (DoE) und numerischen Simulationen wurde eine geeignete Hilfsfügeteilgeometrie erarbeitet. Die simulative Analyse und Bewertung der Schweißlinsenausbildung erfolgte unter Variation relevanter Schweißprozessparameter (Elektrodenkraft, Schweißstrom, -zeit. In weiterführenden Untersuchungen wurden verschiedene Werkstoff-Dicken-Kombinationen in Bezug auf ihre Schweißbarkeit systematisch untersucht. Die Bewertung erfolgter mittels zerstörenden Prüfungen und metallographischen Analysen. Die wesentlichen Herausforderungen bei der Herstellung von dreilagigen WES-Verbindungen sind mitunter die hohe thermische Belastung des Hilfsfügeteils  und des dünnen Aluminium-Decklagenwerkstoffs sowie die Anbindung der Stahlbasislage. Neben Untersuchungen mit idealen Prozessrandbedingungen konnte ein signifikanter Einfluss von fertigungstechnischen Störgrößen (Lateralversatz) auf die mechanische Tragfähigkeit unter Kreuzkopf- und Scherzugbelastung nachgewiesen werden. Die grundsätzliche Machbarkeit zur wirtschaftlichen Herstellung von dreilagigen WES-Verbindungen wurde anhand eines Demonstratorbauteils am Beispiel einer Werkstoff-Kombination aus EN AW-6016 T4 (t=2,0mm) / 22MnB5+AS150 (t=1,5mm) / HCT780X (t=1,0 mm) in Kombination mit Klebstoff (BETAMATE 1640) aufgezeigt.
Die auf Basis der erzielten Forschungsergebnisse gewonnenen Erkenntnisse tragen zu einem tieferen Prozessverständnis von Dreiblech-Hybrid-Mischverbindungen beim zweistufigen WES bei und eröffnen ein großes Anwendungsspektrum im stahlverarbeitenden Gewerbe, insbesondere aus dem Bereich der KMU. Die generierten Ergebnisse und Methoden tragen so dazu bei, kosten- und zeitintensive experimentelle Absicherungen im Unternehmen zu reduzieren und entsprechende Leichtbauprodukte auf den globalen Märkten schneller anbieten zu können, womit insgesamt die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU einhergeht.


Das IGF-Vorhaben „Verfahrenserweiterung des Widerstandselementschweißens für stahlintensive Dreiblech-Hybrid-Mischverbindungen mit zwei höchstfesten Stahlgüten in Mittel- und Basislage“, IGF-Projekt Nr. 21517 N, der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA), Sohnstraße 65, 40237 Düsseldorf wurde im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
 
Für die finanzielle Förderung und die organisatorische Betreuung der Forschungsvereinigung sei an dieser Stelle gedankt. Weiterer Dank gilt allen kooperierenden Industriepartnern für die gute Zusammenarbeit im Rahmen des Projektes. Das Laboratorium für Werkstoff- und Fügetechnik der Universität Paderborn bedankt sich bei den Mitgliedern des Projektbegleitenden Ausschusses für die anregenden Diskussionen und konstruktiven Ergänzungen zu diesem Vorhaben.
Für die interessierte Öffentlichkeit kann der Schlussbericht des Forschungsvorhabens demnächst über die Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (FOSTA), Sohnstraße 65, 40237 Düsseldorf erworben werden.