Projekte der additiven Fertigung

Förderung durch: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung; Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

Projektdauer: 09.2018 – 08.2021

Finanzvolumen: 2,11 Mio. €

 

Die größte Unbekannte beim SLM ist das Pulver, welches extern bei einer von wenigen Verdüsungsfirmen bestellt werden muss. Zwar werden der Werkstoff und die gewünschte Pulverfraktion vorgegeben, jedoch zeigt die Praxis, dass die Ausbringung sehr gering und die Herstellung mit einer mitunter monatelangen Wartezeit verbunden ist. Zudem wird, trotz etwaiger nachgeschalteter Siebschritte, keine Garantie hinsichtlich der Partikelgröße und -morphologie, oder der exakten chemischen Zusammensetzung gegeben - insbesondere bei leichten Elementen, wie Stickstoff. Da sowohl die Pulverqualität als auch die Partikelgröße einen signifikanten Einfluss auf die mikrostrukturellen und mechanischen Eigenschaften der Bauteile haben, darf der Fokus beim SLM nicht nur auf die prozess- und regelungstechnischen Aspekte der anlagenseitigen Bedienung gelegt werden, sondern muss verstärkt auch die Herstellung und Charakterisierung des Pulvers umfassen.

Im Hinsicht darauf werden drei wissenschaftliche Aspekte in diesem Projekt fokussiert:

  • Weichmagnetische eisenbasierte Legierungen für den Einsatz in Elektromotoren.
  • Gradierte Mischmaterialien mit lokalen Unterschieden in ihrer Mikrostruktur und der chemischen Zusammensetzung zur Reduktion der bewegten Masse von additiv gefertigten Rotoren für E-Motoren.
  • Innovative silberbasierte Legierungen für eisenbasierte Legierungen mit Silber, die parallel zur Auflösung der Eisenmatrix im Körper mit einer vordefinierten Geschwindigkeit degradieren.

Wenn nicht zwingend erforderlich, sollen viele Implantate ausschließlich eine definierte Zeit im menschlichen Körper verbleiben und zeit- und / oder lastabhängig degenerieren. Innerhalb der Anwendungsphase soll das Implantat die gesamte Stützfunktion übernehmen und diese anschließend sukzessive an das umliegende Gewebe und den Knochen übergeben. Im Inneren soll das Implantat daher an Festigkeit und Steifigkeit verlieren und somit, im Vergleich zur wieder verbundenen Knochenstruktur, weniger Last aufnehmen. Dies hat den Vorteil, dass eine gezielt wachstumsfördernde Belastungsstimulation des Knochens erfolgen kann und neben dem Stress-Shielding zusätzlich auch Explanation vermieden werden. Potentielle Werkstoffe für Implantate, die temporär im Körper verweilen und lastabhängig an Festigkeit und Steifigkeit verlieren sind metallische Systeme wie z.B. Titanlegierungen. Diese besitzen eine passivierende Titanoxidschicht und folglich eine hohe Korrosionsbeständigkeit sowie hervorragende Biokompatibilität. Hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften besitzen Titanlegierungen jedoch einen, im Vergleich zum menschlichen Knochen, signifikant höheres E-Modul. Durch eine geschickte Struktur- und Geometrieauswahl, wie z.B. der Nutzung von Gitterstrukturen, einer Einstellung lokal poröser Bereiche oder gezielten Gefügemodifikationen können die spezifische Festigkeit und Steifigkeit der mittels selektiven Laserstrahlschmelzens erzeugten Struktur verringert und an die Anforderungen der medizinischen Anwendung adaptiert werden. In diesem Beitrag werden lastabhängig degenerierende Implantate aus der metallischen Legierung Ti6Al4V adressiert. Am Beispiel von bereits zur Therapierung von Knochenbrüchen eingesetzten Osteosyntheseplatten aus Ti6Al4V sollen Strukturbereiche mittels numerischer Simulationen so ausgelegt werden, dass diese über eine definierte Zeitperiode unter zyklischer Last, langsam partiell versagen und sich so dem Anforderungsprofil der Knochenheilung anpassen. Vor diesem Hintergrund soll die additive Fertigung, insbesondere das selektive Laserstrahlschmelzen, als potentielles Herstellungsverfahren für die individualisierten Implantate genutzt werden.

Implantate werden in der Medizintechnik in vielfältiger Weise zur Behandlung von Krankheiten und Verletzungen eingesetzt. Häufig übernehmen sie Körperfunktionen nur für einen begrenzten Zeitraum und werden, wie z. B. Osteosyntheseplatten, anschließend entfernt. Stents (vgl. Abbildung 1) zur Behandlung von Arteriosklerose verbleiben im menschlichen Organismus und können u.a. Restenosen verursachen. Dementsprechend reduzieren im Körper auflösbare bzw. degradierbare Implantate die Belastung der Patienten.   

Eisenbasierte Werkstoffe sind aufgrund guter mechanischer Eigenschaften und Biokompatibilität, trotz unzureichender Degradationsgeschwindigkeit, vielversprechend für den Einsatz als resorbierbarer Werkstoff. Letztere kann mittels Legieren und der gezielten Erzeugung von Phasen mit hohem elektrochemischen Potential und der daraus resultierenden anodischen Werkstoffauflösung, beschleunigt werden. Eine vielversprechende Möglichkeit sind hochmanganhaltige Stähle mit fein verteilten Silberphasen, bei denen Silber als effektive Kathode fungiert und zur beschleunigten Degradation des Matrixwerkstoffes führt. Das selektive Laserschmelzen ermöglicht die Verarbeitung konventionell nicht herstellbarer Legierungen mit schmelzmetallurgisch nicht mischbaren Bestandteilen, wie Eisen und Silber (vgl. Abbildung 2).

Ziel des Projektes ist die Entwicklung und Charakterisierung konventionell nicht mischbarer FeMnAgX-Legierungen und deren Qualifizierung für das Laserstrahlschmelzen. Durch angepasste Silberphasen soll eine gezielte anodische Materialauflösung der FeMn-Matrix ermöglicht werden. Zur Bestimmung des Degradationsverhaltens im menschlichen Organismus erfolgen Immersionsversuche. Die Versuchsbedingungen werden hinsichtlich des Immersionsmedium, der Temperatur und des Austausches mit der Luft an die Verhältnisse im menschlichen Organismus angepasst (vgl. Abbildung 3).

Um eine vollständige Resorption zu erzielen und Komplikationen, etwa durch verbleibende Silberphasen, zu vermeiden, wird eine degradierbare und biokompatible Silberlegierung (AgX) entwickelt (vgl. Abbildung 4). Der Einsatz dieser Legierung soll den Abbau der Silberphasen, etwa durch Phagozytose, nach der Degradation der FeMn-Matrix ermöglichen.

Kooperationspartner: Dr. med. vet. J. Meißner, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und Prof. Dr. G. Grundmeier, Universität Paderborn

Förderkennzeichen: DFG: SCHA 1484/44-1

Kurztitel: FeMnAgX

Der klassische Elektromaschinenbau verwendet zweidimensionale Blechschnitte für die Herstellung konventioneller elektrischer Maschinen und ist infolgedessen in der gestalterischen Freiheit eingeschränkt. Durch die additive Fertigung werden völlig neue Möglichkeiten zur Gestaltung der Maschinen geschaffen. Diese Potentiale sollen im Umfang dieses Projektes am Beispiel der Herstellung des Rotors einer permanentmagneterregten Synchronmaschine (PMSM) mit dem Selektive Laserstrahlschmelzen (LBM) erforscht werden.

Mittels der dreidimensionalen gestalterischen Freiheit durch die additive Fertigung kann ein Leichtbaupotential, welches sich positiv auf das Gesamtgewicht und die Dynamik auswirkt, genutzt werden, indem Material gezielt dort eingesetzt wird, wo es zur Kraftübertragung oder zum Führen der magnetischen Flüsse benötigt wird. Mittels der dreidimensionalen Flussführung lässt sich eine Effizienzsteigerung erzielen, sowie über eine Anpassung der Polschuhgeometrie die Laufruhe verbessern. Weiterhin lässt sich durch das LBM Verfahren die Materialzusammensetzung optimieren, was zu einer Verbesserung der Weichmagnetischen Eigenschaften führt. In diesem Projekt wird, wie auch schon in vorhergehenden Projekten zu vergleichbaren Problemstellung, das große Potential der additiven Fertigung im Bereich der elektrischen Maschinen aufgezeigt.

DFG-Projekt in Kooperation mit Dr. med. vet. J. Meißner, Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und Prof. Dr.-Ing. W. Tillmann, Lehrstuhl für Werkstofftechnologie, Technische Universität Dortmund:

Legierungen, die in der Medizintechnik beispielsweise als Implantatwerkstoff Anwendung finden, müssen neben angepassten, mechanischen Eigenschaften zwingend biokompatible Eigenschaften aufweisen. Titanlegierungen bilden eine passivierende Titanoxidschicht aus und weisen neben einer hohen Korrosionsbeständigkeit sowie ausgezeichneten Biokompatibilität adäquate mechanische Eigenschaften auf. Bereits etabliert sind vor allem (α+β)-Titanlegierungen wie beispielsweise TiAl6V4. Deren Eigenschaftsprofil kann durch die Substitution des schädlichen Vanadiums mit Niob vor allem aus biokompatibler Sicht besser an das Anforderungsprofil in der medizintechnischen Anwendung angepasst werden. TiAl6Nb7 weist vergleichbare mechanische Eigenschaften wie die kommerziell häufig verwendete TiAl6V4-Legierung auf. Die β-Titanlegierungen TiNb24Zr4Sn8 verfügt über eine andere Mikrostruktur und besitzt knochenähnlichere, mechanische Eigenschaften und bietet somit unter anderem aus biomechanischen Gesichtspunkten Vorteile.

Die Verwendung additiv verarbeiteter Titanlegierungen für die Nutzung als individuell angepasste, permanent im menschlichen Körper verbleibende Implantate wird im Rahmen dieses Projektes untersucht. Dazu werden die beiden Legierung TiAl6Nb7 und TiNb24Zr4Sn8 mittels pulverbettbasiertem Laserstrahlschmelzen (L-PBF) verarbeitet und untersucht. Beide Legierungen verfügen auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung über eine hohe Korrosionsbeständigkeit und Biotoleranz. Die Einflüsse der additiven Fertigung sowie von verschiedenen, titanbasierten Dünnschichtsystemen, die mittels physikalischer Gasphasenabscheidung applizierten werden, auf die biokompatiblen, korrosiven und mechanischen Eigenschaften werden analysiert, bewertet und hinsichtlich der Verwendung im menschlichen Körper optimiert. Die mechanische Charakterisierung umfasst neben tribologischen und quasi-statischen Untersuchungen auch Untersuchungen im Bereich Low- sowie High-Cycle-Fatigue. Der Einfluss verschiedener Beschichtungen und Zuständen auf die Ausbildung von Biofilmen und das Wachstum von Knochenzellen wird ebenfalls betrachtet. Das Ziel des Projektes ist es, durch die Verwendung von unschädlichen, beschichteten Titanlegierungen die Biokompatibilität für die Verwendung als Implantat im menschlichen Körper zu erhöhen und gleichzeitig die erforderlichen mechanischen und korrosiven Eigenschaften zu gewährleisten.

Die Entwicklung neuer, sowohl für das Laserstrahlschmelzen als auch Lasersintern angepasster Werkstoffe werden innerhalb des Schwerpunktprogramms (SPP) 2122 „Materialien für die additive Fertigung“ vorangetrieben. Hierbei werden Projekte seitens der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert, die Materialien entwickeln, welche beispielsweise eine Effizienzsteigerung pulverbettbasierter additiver Fertigungsprozesse ermöglichen oder eine erhöhte mechanische Festigkeit sowie Korrosionsbeständigkeit aufweisen. In dem seit Oktober 2018 laufenden Schwerpunktprogramm sind auch Wissenschaftler des Lehrstuhls für Werkstoffkunde an der Universität Paderborn involviert.

Eine nicht unerhebliche Anzahl metallischer Werkstoffe können nicht mittels Schweißen oder dem Laserstrahlschmelzen verarbeitet werden. Unter Anwendung von Nanotechnologie soll dieser Einschränkung entgegengewirkt und die Auswahl an Werkstoffen für die additive Fertigung erweitert werden. Exemplarisch wird dies u. a. an der hochfesten Aluminiumlegierung EN AW-7075 aufgezeigt. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung, aus der hohe mechanische Eigenschaften resultieren können, weißt dieser Werkstoff einen ausgedehnten Erstarrungsbereich auf. In Verbindung mit hohen Abkühlraten, welche beim Laserstrahlschmelzen vorherrschen, entstehen zumeist Heißrisse, welche sich negativ auf die ertragbare mechanische Belastbarkeit additiv gefertigter Bauteile auswirken.

Eine Oberflächenmodifikation der Pulverpartikel mit nanoskaligen Kornfeinungsmitteln führt zu einer veränderten Mikrostruktur, welche die Heißrissanfälligkeit signifikant reduziert. Aktuell werden innerhalb des Projektes unterschiedliche Verfahrensweisen der Pulvermodifikation untersucht. So ist in Bild 1 ein Pulverpartikel zu sehen, auf welchem mittels „Mechanischem Mischen“ Titancarbid-Nanopartikel appliziert wurden.

Mit einer angepassten Prozess-Strategie beim Laserstrahlschmelzen konnte erreicht werden, dass mit rel. geringen Mengen (≤ 1 Gew.-%) von Kornfeinungsmittel, eine Kornfeinung eintritt. Das Bild 2 weist eine texturlose Mikrostruktur mit äquiaxialen Körnen auf. Die Heißrissneigung der hochfesten Aluminiumlegierung EN AW-7075 konnte drastisch reduziert werden. Im weiteren Projektverlauf werden die Effektivität von, zumeist aus der Gießereitechnik bekannten wie auch bewährten, aber auch neuer Kornfeinungsmittel evaluiert und gegenübergestellt.