Ad­di­ti­ve Fer­ti­gung

Die Additive Fertigung ("3D-Druck") ermöglicht die werkzeuglose Herstellung nahezu beliebiger Bauteilgeometrien. Wesentliche Vorteile sind die schnelle Verfügbarkeit von Funktionsprototypen und Kleinserien, die Individualisierbarkeit von Produkten sowie die Möglichkeit, Bauteile, lokal und emissionsärmer herzustellen. Dazu werden CAD-Daten in Schichtinformationen umgerechnet und die Bauteile schließlich Schicht für Schicht erzeugt.

Der Lehrstuhl für Partikelverfahrenstechnik betrachtet im Rahmen des Direct Manufacturing Research Centers (DMRC) insbesondere das Verfahren Polymer-Lasersintern. Dabei werden dünne Schichten aus Kunststoffpulver vorgewärmt, selektiv mittels eines Lasers aufgeschmolzen und so zu einem Bauteil verbunden. Obwohl sich dieser Prozess bereits im industriellen Serieneinsatz befindet, ergibt sich aus Gründen des Prozessverständnisses, der Reproduzierbarkeit sowie neuen Anforderungen aus der Industrie ein großer Forschungsbedarf.
Durch die Erforschung von neuen Materialen für den Prozess aber auch die Beratung bei der Umsetzung in der Anwendung unterstützt das PVT die Erfolgsgeschichte der Fertigungstechnologie.

Ak­tu­el­le For­schungs­fel­der

In diesem Zusammenhang wurden zusätzlich bereits folgende Projekte am DMRC bearbeitet:

Ivo Kletetzka

Beim PGSS-Verfahren werden geschmolzene Produkte zerkleinert, indem die Schmelze zunächst mit überkritischem CO2 gefüllt und die Mischung anschließend versprüht wird. Dabei wird ausgenutzt, dass das eingelöste CO2 die Viskosität der Mischung so stark verringert, dass eine ansonsten nicht sprühbare Flüssigkeit versprühbar wird. Außerdem wird die Expansion des CO2 nach der Düse ausgenutzt, um das umliegende Fluid in feinste Tröpfchen zu zerreißen, welche anschließend in einem Sprühturm zu Partikeln erstarren können.

Moritz Rüther

Das selektive Lasersintern (SLS) ist eines der wichtigsten additiven Fertigungsverfahren im Bereich der Kunststoffe. Die notwendigen Sinterpulver haben bezüglich der partikulären Eigenschaften (z. B. Partikelgrößenverteilung, Sphärizität, Rieselfähigkeit) sehr hohe Anforderungen. Aktuell werden diese im industriellen Maßstab überwiegend durch Fällung aus Lösungen hergestellt. Da dieser Prozess jedoch sehr spezifisch für jedes Material ist, sind nur wenige unterschiedliche Polymere verfügbar, wobei Pulver aus Polyamid 12 (>90 %) dominiert. Alternativ können Pulver unterschiedlichster Kunststoffmaterialien in der gewünschten Größe (x50,3  = 60 - 70 µm) mittels Zerkleinerung von Granulaten in einer Kryomühle hergestellt werden. Aufgrund der typischen, spröden Bruchmuster weisen die Mikropartikeln nach dem Mahlprozess zumeist niedrige Rieselfähigkeiten und Schüttdichten auf. Dies wirkt sich negativ auf den SLS-Prozess aus oder macht diesen teilweise unmöglich. Um die partikulären Eigenschaften und damit auch die Verarbeitbarkeit zu verbessern, müssen die mikroskaligen Partikeln in einem zweiten Schritt nachverrundet werden.

Im Rahmen der Forschung wird ein neuartiger dynamisch-mechanischer Partikelverrundungsprozess systematisch untersucht, wobei die Polymerpartikeln in einem mit Fremdkugeln befüllten Mischer bei einer Prozesstemperatur oberhalb der Polymer-Glasübergangstemperatur mechanisch beansprucht werden. Der Prozessaufbau ist analog zur trockenen Rührwerkskugelmühle, welche durch mehrere Prozessparameter beeinflusst wird. Zur Steigerung der Pulverfließfähigkeit ist eine systematische Prozessgestaltung von Bedeutung, um dabei i) grobe Partikeldeformation (Formverrundung), ii) Glättung von rauen Partikeloberflächen und iii) Agglomeration von Feinpartikeln (x3  < 30 µm) zu erreichen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen den Vorteil dieser Methode und im nächsten Schritt wird der Prozess zur Herstellung von verrundeten Kompositpolymerpulvern erweitert.

S.K. Ponusamy

Das selektive Lasersintern ist ein additives Fertigungsverfahren, bei dem Polymerpulver in Schichten aufgetragen und selektiv miteinander verschmolzen werden. Für die Verarbeitbarkeit eines Kunststoffpulver spielt seine Fließfähigkeit eine entscheidende Rolle. Ist diese unzureichend können Fehler in der Pulverbettoberfläche entstehen, welche sich auf das spätere Bauteil übertragen. Zwar ist die Auswirkung von höheren Temperaturen und Luftfeuchtigkeit auf die Fließfähigkeit prinzipiell bekannt, allerdings ist noch genauer zu untersuchen, welcher Zusammenhang zwischen der Pulverfließfähigkeit und im Prozess auftretenden Bauteilfehlern besteht.

Die Additive Fertigung erlaubt die effiziente Herstellung kundenspezifischer Kleinserien und besitzt daher ein großes Marktpotenzial. Es existiert eine stark gestiegene Nachfrage nach flammhemmenden Bauteilen, insbesondere im Bereich Mobilität und E/E-Industrie. Jedoch sind die kommerziell erhältlichen LS-Pulvermaterialien weder nachhaltig noch wirtschaftlich einsetzbar, da halogenhaltige Flammschutzmittel umweltgefährdend sind, während halogenfreie Alternativen nicht recycelt werden können. Im Forschungsvorhaben ReFlaM-LS wird ein recyclingfähiges, halogenfreies LS-Pulvermaterial mit Flammschutzeigenschaften entwickelt. Es soll eine recyclingoptimierte PA12-Polymermatrix mit einem prozessstabilen, halogenfreien Flammschutzmittel kombiniert werden. Hierzu werden zunächst die einzelnen Pulver sowie deren Mischungen umfassend analysiert und hinsichtlich ihrer Eignung zur Flammhemmung und für den LS-Prozess bewertet. Die beim „Dryblending“ entstehenden Probleme sollen durch eine Compoundierung mit anschließender Vermahlung und Verrundung behoben werden. Voruntersuchungen haben bereits die fehlende Recyclingfähigkeit des kommerziell erhältlichen Materials PA2210 FR analysiert und das Potenzial alternativer Flammschutzadditive nachgewiesen. Abschließend werden die Pulver für die Anwendungen optimiert, um ausreichende Beständigkeit und Festigkeit im späteren Bauteil zu erreichen. Weiterhin soll die Nachhaltigkeit des Materials quantitativ bewertet werden.

Fabian Neitzel