Ae­ro­so­le

Aerosole beeinflussen viele Bereiche der heutigen Gesellschaft. Signifikante Einflüsse durch Aerosole findet man bspw. im Bereichen Klima und Gesundheit, als auch in industriellen Produktionsprozessen. Da diese Einflüsse und deren Ursachen noch nicht vollständig verstanden sind, gibt es in den letzten Jahren immer mehr Forschungsprojekte im Bereich der Aerosole. Im Wesentlichen vereint die Aerosolforschung Methoden und Wissen aus dem Bereich der Physik, der physikalischen Chemie und der Verfahrenstechnik. Die Aerosolforschung am Lehrstuhl für Partikelverfahrenstechnik ist breit aufgestellt. So werden Grundlagenforschung, Aerosolcharakterisierung als auch praxisnahe Feinstpartikelfiltration betrieben. Der Lehrstuhl für Partikelverfahrenstechnik verfügt über eine gute Geräteausstattung. So können unter anderem Aerosole eigenständig synthetisiert werden, was Grundlage für eine hohe Flexibilität in den einzelnen Forschungsprojekten ist.

Ak­tu­el­le For­schungs­fel­der

Die Sprayflammensynthese bietet einen vielversprechenden Ansatz zur Herstellung funktionaler Nanomaterialen. Bereits heute ist durch vielfältige Arbeiten im Labormaßstab das Potenzial des Verfahrens zur Herstellung technologisch hoch relevanter Materialien nachgewiesen. Im Vergleich zu existierenden großtechnischen Gasphasenprozessen bietet die Sprayflammensynthese den Zugang zu einer Fülle an Materialien, die sich nicht mit anderen Prozessen herstellen lassen. Die tatsächliche industrielle Nutzung scheitert bisher aber an der Notwendigkeit des Einsatzes teurer Ausgangsstoffe und einem unzureichenden Prozessverständnis. Diese Situation soll im Rahmen des SPP1980 durch einen interdisziplinären Ansatz überwunden werden, der die Grundlagen für die praktische Nutzung und (weitere) industrielle Verbreitung der Sprayflammensynthese schafft. Die Chancen hierfür sind hervorragend, da sich – bisher isoliert in verschiedenen Fachdisziplinen – in den letzten Jahren ein experimentelles, theoretisches und simulationstechnisches Instrumentarium entwickelt hat, mit dem eng verwandte Teilprozesse erfolgreich untersucht und beschrieben werden können. Ziel des Schwerpunktprogrammes ist, diese – in sich bereits komplexen – Ansätze für die Untersuchung und theoretische Beschreibung von Sprayflammensyntheseprozessen zu ertüchtigen und in einem interdisziplinären Netzwerk zusammenzuführen. Somit lassen sich Teilprozesse analysieren und die Kenntnisse in einem Gesamtmodell integrieren, so dass erstmals die Chance zu einem fundamentalen Prozessdesign eröffnet wird. Dadurch sollen teure Ausgangsmaterialien substituiert und in den Industriemaßstab skalierbare Verfahren entwickelt werden, die die gezielte Herstellung von Materialien mit einem weiten Eigenschaftsspektrum ermöglichen.

Dieser Ansatz fußt auf der Entwicklung und Anwendung von spezifischen In-situ-Analytikverfahren, der Erstellung von chemischen Mechanismen durch grundlegende kinetische Experimente und theoretische Berechnungen und einer umfassenden, an das Problem angepassten Simulation der Prozesskette Prekursorlösung – Spray – Flamme – Partikel. Eine Schlüsselstellung nimmt die Entwicklung und Nutzung eines Standardexperiments ein, das international als Referenzexperiment mit umfangreichem Validierungsdatensatz etabliert werden soll und langfristig als Ankerpunkt der Erforschung und Entwicklung der Partikelsynthese in Sprayflammen dienen wird.

Die Prozesskette zur Partikelbildung in der Sprayflammenpyrolyse besteht aus einer Vielzahl simultan stattfindender, physikalischer und chemischer Teilprozesse. So treten innerhalb von Sprayflammen chemischer Zerfall, Nukleation, Oberflächenwachstum, Koagulation und Sintervorgänge auf. Nach aktuellem Forschungsstand ist dabei noch unbekannt, inwiefern diese Teilprozesse die Morphologie der finalen Nanopartikeln beeinflussen. Die Sprayflammensynthese wird experimentell am PVT unter definierten Umgebungs- und Betriebsbedingungen systematisch untersucht. Die Einflüsse der Prekursorlösungkonzentration und Zerstäubungsparameter sowie Zerstäubergeometrie auf die Eigenschaften (Primärpartikelgröße, Kristallinität, Morphologie, spezifische Oberfläche) der nanoskaligen Partikeln werden durch unterschiedliche Messmethoden untersucht. Dabei kommen die am PVT verfügbaren Analysenmethoden SMPS, TEM/HRTEM, XRD und BET zum Einsatz. Durch die Rückkopplung von Experiment und Simulation wird außerdem ein praxisnahes Vorhersagemodell der Partikelbildung geschaffen. Die Entwicklung der Simulation erfolgt unter Verwendung von Populationsbilanzen in Verbindung mit Monte-Carlo-Ansätzen. Aus dem Simulationsmodell werden z.B. die Entstehung von fraktalen, dreidimensionalen Partikelstrukturen, Koagulation und Sintermechanismen untersucht.

Das Rauchgas von Verbrennungsprozessen - insbesondere bei der Verbrennung von Biomasse - enthält in der Regel eine erhebliche Menge schädlicher Partikeln und toxischen Gasen. Daher werden die Emissionsvorschriften für diese Schadstoffe, insbesondere für Stickoxide (NOx), immer strenger. Im Falle von NOx sind die Möglichkeiten, diese Emissionen durch die Optimierung der Verbrennung selbst zu vermeiden, begrenzt, so dass sekundäre Minderungsmaßnahmen unumgänglich sind. Bei der Rauchgasentstickung hat sich die selektive katalytische Reduktion (SCR) durchgesetzt, die die Reduktion von NOx durch Ammoniak (NH3) in Gegenwart einer katalytischen Komponente bezeichnet. Der Katalysator ermöglicht die Umwandlung der Reaktanten in die unschädlichen Spezies Stickstoff und Wasser.

Die vorgestellte SCR-Technologie ist eine attraktive Nachrüstungsmaßnahme für Prozesse mit einer bestehenden Feinpartikelabscheidung, wie z. B. bei der Biomasseverbrennung. Dies geschieht typischerweise durch einen Oberflächenfilter in Kombination mit einem auf der Filteroberfläche aufgebrachten Precoat-Material. Dieses Filtersystem scheidet selbst ultrafeine Partikeln effizient ab und verhindert gleichzeitig ein Verstopfen des Filtermaterials. Eine Zugabe von weiteren ultrafeinen Partikeln ist daher unbedenklich. Bei der neuen SCR-Technik werden katalytisch aktive Nanopartikeln, die in-situ synthetisiert werden, dem Abgasstrom zugesetzt. Die SCR findet während des Fluges an der frisch erzeugten Partikeloberfläche statt. Stromabwärts werden die Katalysatorpartikeln zusammen mit der Flugasche abgeschieden. Da die Nanopartikeln noch reaktiv sind, dient der Filterkuchen als Festbettkatalysator und verbessert somit die NOx-Abscheideleistung.

Die Integration einer Partikelsynthesestufe in das Rauchgas hat im Vergleich zu anderen SCR-Systemen mehrere Vorteile. Erstens weisen Nanopartikeln eine hohe spezifische Oberfläche auf. Daher ist der Verbrauch an Katalysatormaterial gering. Zweitens haben Nanopartikeln eine hochreaktive Oberfläche. Vor allem im frisch erzeugten Zustand ist die Oberfläche der synthetisierten Partikeln noch nicht mit Verunreinigungen besetzt, was ihre Reaktivität erhöht. Eine erhöhte Reaktivität ermöglicht entweder die Verwendung von weniger aktiven Metalloxiden (z. B. Eisenoxid) als Katalysatormaterial oder die Senkung der Betriebstemperatur für die SCR. Der Ansatz ist vielversprechend und hat das Potenzial, ein integraler Bestandteil von Rauchgasreinigungssystemen mit einer bestehenden Filtrationsstufe für Feinstaub zu werden.

Zur mehrdimensionalen Charakterisierung von Partikeln ist es notwendig, mindestens 2 unabhängige äquivalente Größen gleichzeitig messen zu können. Beispielsweise muss zur Messung der effektiven Dichte einerseits die Masse und andererseits das Volumen der mobilitätsäquivalenten Kugel bekannt sein. Dadurch werden zusätzliche Informationen über das Partikelkollektiv generiert, die zu einer besseren Beschreibung der Prozesse führen. Insbesondere kann eine Abschätzung der spezifischen Oberfläche erfolgen, was vor allem im Bereich von 50 bis 1000 nm von großem Interesse ist.

Das hier entwickelte Verfahren nutzt zur simultanen Messung einerseits die Wirkungsweise eines DMA’s (Differential Mobility Analyzer) überlagert mit der eines AAC’s (Aerodynamic Aerosol Classifier). Der DMA besteht aus zwei koaxialen, mit gleicher Winkelgeschwindigkeit rotierenden Zylindern, in deren Spalt ein partikelfreier Hüllluftstrom geführt wird. Werden am inneren Zylinder Partikel abgeschieden, werden diese durch die Zentrifugalkraft nach außen gedrückt. Die resultierende Driftgeschwindigkeit ist abhängig vom aerodynamischen Durchmesser der Partikel. Gleichzeitig kann zwischen Innen- und Außenzylinder ein elektrisches Feld angelegt werden, wodurch auf geladene Partikel eine zusätzliche elektrische Kraft wirkt.

Zur Bestimmung der 2D-Verteilung von Masse und Mobilität wird das Aerosol wie beim SMPS-System vor der Klassierung in den Zustand der Gleichgewichtsladung gebracht. Dadurch können die beiden Randverteilungen der 2D-Verteilung direkt bestimmt werden: Ohne angelegtes Zentrifugalfeld verhält sich das Messgerät wie ein klassischer DMA und die Verteilung des Mobilitätsäquivalentdurchmessers wird durch Scannen der Spannung nach der klassischen DMA-Theorie bestimmt. In Abwesenheit eines elektrischen Feldes werden die Partikel nach dem aerodynamischen Durchmesser gemäß der klassischen AAC-Theorie klassifiziert. Bei Überlagerung der Zentrifugalkraft und der elektrischen Kraft (Rotation bei angelegtem E-Feld) werden die Partikel je nach Ladungszustand in radialer Richtung beschleunigt, abgebremst oder nicht beeinflusst (ungeladene Partikel). Die Überlagerung der beiden Kräfte ermöglicht die Verknüpfung der beiden Kenngrößen zu einer vollständigen zweidimensionalen Eigenschaftsverteilung. Aus der so ermittelten 2-dimensionalen Verteilung von Spannung und Geschwindigkeit muss dann durch Inversion die 2-dimensionale Verteilung von Beweglichkeit und Masse bzw. hydrodynamischem und aerodynamischem Durchmesser bestimmt werden.