Am Montag, den 14.06.2021, fand dieser Praxisworkshop in der Zukunftsmeile 2 in Paderborn statt.
Recycling-Werkstoffe, insbesondere die Post Consumer Recycling-Werkstoffe (PCR), sind hinsichtlich der mechanischen Kennwerte hervorragend, allerdings hinsichtlich der dekorativen Qualität der Oberfläche gegenüber der Neuware unterlegen. Hier sind viele Kunden nicht bereit, Qualitätskompromisse einzugehen. Auch wenn Post-Industrial-Ware von der Sauberkeit und Sortenreinheit her deutliche Vorteile gegenüber PCR aufweist, gibt es auch hier Einschränkungen, wenn beispielsweise Ausschussware einen deutlichen Materialabbau oder eine Beschichtung aufweist.
Dr.-Ing. Matthias Hopp vom Kunststofftechnik Institut der Universität Paderborn stellte dar, mit welchen politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen und Vorgaben im Bereich der Kunststoffe und Rezyklate in den nächsten Jahren gerechnet werden muss. Dabei betonte er insbesondere die durch die Novelle des Green Deal der EU geforderte Erhöhung des Rezyklatanteils für den Verpackungs-, Automobil- und Bau-Sektor ab 2022. Dies bedeutet konkret, dass zusätzliche Branchen sich auf den Einsatz von Rezyklat vorbereiten müssen und diese Nachfrage auch von Recyclern bedient werden muss.
In der Diskussion mit den Unternehmensvertreter:innen wurden als Herausforderungen für den Einsatz von Rezyklat die schwankende Qualität sowie Verunreinigungen, der Preis und häufig auch die Farbe genannt. Diese Faktoren erschweren den Einsatz für bestimmte Einsatzfelder bzw. machen die Verwendung von Rezyklaten in einigen Fällen unmöglich. Auch die Vorgaben der REACH Verordnung legen hier einen hohen Maßstab an die Rezyklat-Reinheit, die teilweise schwierig zu erzielen ist. Insgesamt gibt es damit viele Vorbehalte seitens der Anwenderunternehmen, Rezyklate tatsächlich einzusetzen.
Axel Baranek von der FVH Folien Veredelung Hamburg und Jochen Ebbing von der Lobbe Industrieservice GmbH gaben einen Überblick zum aktuellen Stand im Bereich der Kunststoffrezyklate hinsichtlich Qualität, Menge und Lieferfähigkeit. Durch die aktuellen Lieferengpässe für Neuware im letzten Jahr hat sich der Absatzmarkt für Rezyklate komplett verändert und konnte deutlich ausgeweitet werden. Kunden waren offener für den Einsatz von Rezyklaten. Dadurch konnte sich die Qualität der durch die FVH produzierten Produkte beweisen.
Auch wenn es aktuell noch keine gesetzlichen Vorgaben zum Einsatz von Rezyklaten gibt, waren die meisten teilnehmenden Unternehmensvertreter:innen der Meinung, dass Rezyklatquoten für sie in den nächsten Jahren ein relevantes Thema werden .
Bereits bestehende Verarbeitungstechniken wie das Sandwich-Spritzgießen oder die Mehrkomponententechnik können gut für die Verarbeitung von Rezyklaten eingesetzt werden. Beispielsweise kann das Rezyklat als Kernkomponente verwendet werden und mit einer Deckschicht aus Neuware kaschiert werden. So ist es möglich, die geringere Oberflächenqualität der Rezyklate zu überdecken. Zudem ermöglicht die Verarbeitung des gleichen Kunststofftyps aus Rezyklat eine gute Kompatibilität zur Neuware.
Das Thema Produktentwicklung / Design for Recycling wurde ebenfalls adressiert. Eine recyclinggerechte Produktgestaltung ermöglicht, die Qualität der Post-Consumer-Rezyklate (PCR) aus dem gelben Sack deutlich zu steigern. Gleichzeitig kann der Anteil an Kunststoffen, der einer thermischen Verwertung zugeführt werden muss, damit minimiert werden.
Ein Forschungsbedarf wurde hinsichtlich der Verfügbarkeit und der Kreislaufführung von technischen Kunststoffen wie PA und PC formuliert.
Fazit: Die kunststoffverarbeitende Industrie hat durchaus einen Bedarf an Kunststoffrezyklaten, sofern diese qualitativ hochwertig sind und eine gleichbleibende Qualität garantiert werden kann.
Eine gemeinsame Veranstaltung von: Universität Paderborn (KTP), InnoZent OWL e.V. & VDI – Verein Deutscher Ingenieure Ostwestfalen-Lippe e.V. im Rahmen von CirQuality OWL, Lippe Zirkulär und Kunststoffe in OWL e.V.
Link: InnoZent